Lücken im Kronendach eines Auenmischwaldes beeinflussen sowohl die Temperatur als auch die Feuchtigkeit des Waldbodens, jedoch sind ihre Auswirkungen auf die Bodenaktivität geringer als erwartet. Dies ergab eine aktuelle Studie der Universität Leipzig, des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) und des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie. Die Ergebnisse wurden kürzlich im Fachjournal „Science of the Total Environment“ veröffentlicht.
Bedeutung von Kronenlücken im Auwald
Kronenlücken entstehen durch das Absterben großer Bäume oder durch forstwirtschaftliche Eingriffe und spielen eine wesentliche Rolle für das Mikroklima und die biologischen Prozesse im Waldboden. Angesichts des Klimawandels wird die Untersuchung dieser Lücken zunehmend wichtiger, da sie das Gleichgewicht von Temperatur, Feuchtigkeit und biologischer Aktivität beeinflussen können.
Im Dürrejahr 2022 untersuchten die Wissenschaftler die Auswirkungen verschieden großer und strukturierter Waldlücken auf das Mikroklima und die Zersetzungsprozesse im Boden eines Leipziger Auenmischwaldes.
Mikroklima in Waldlücken
„Wie erwartet, erhöhten sich die Bodentemperaturen in den Lücken verglichen mit geschlossenen Waldgebieten, und die Temperaturschwankungen nahmen zu“, erklärt Annalena Lenk, die Erstautorin der Studie und Forscherin am Institut für Biologie der Universität Leipzig.
Im Sommer lagen die Bodentemperaturen in den Lücken um bis zu 2,05 Grad Celsius höher als in geschlossenen Bereichen. Gleichzeitig zeigte sich jedoch, dass der Boden in den Lücken feuchter war – vermutlich, weil der geringere Baumbestand zu weniger Verdunstung und einer geringeren Abfangmenge von Niederschlag führte.
Interessanterweise beeinflusste die Dichte der Strauch- und Baumunterstände die Bodentemperaturen oft stärker als das eigentliche Kronendach. Dichtere Strauchschichten sorgten für moderate Temperaturen und geringere Schwankungen, wohingegen aufgelichtete Bereiche größeren Schwankungen ausgesetzt waren.
Bodenaktivität bleibt stabil
Die Forscher untersuchten auch die Auswirkungen auf die Bodenorganismen, die eine zentrale Rolle im Zersetzungsprozess spielen. Experimente mit Substraten wie Grüntee, Rooibostee und Holzspateln sowie Fraßaktivitätstests der Bodenfauna zeigten, dass es kaum signifikante Unterschiede zwischen den Lücken und den geschlossenen Waldbereichen gab.
„Trotz extremer Trockenheit konnten wir erwartbare Zersetzungsraten messen“, so Lenk. „Die Unterschiede im Mikroklima zwischen den Lücken und den geschlossenen Beständen waren offenbar nicht groß genug, um die Bodenaktivität erheblich zu beeinträchtigen.“ Dieses Ergebnis sei beruhigend, da sowohl eine erhöhte als auch eine verringerte Zersetzung negative Auswirkungen auf das Ökosystem haben könnte.
Bedeutung für den Naturschutz
Die Studie zeigt die komplexen Wechselwirkungen zwischen Waldstruktur, Mikroklima und Bodenprozessen. Diese Erkenntnisse helfen dabei, zu verstehen, wie Wälder in Zeiten des Klimawandels auf strukturelle Veränderungen reagieren. Sie könnten auch Naturschutzmaßnahmen beeinflussen, die eine partielle Öffnung des Kronendachs zur Förderung der Biodiversität vorsehen.
Annalena Lenk betont, dass weitere Forschung notwendig sei, um die Wechselwirkungen in unterschiedlichen Waldtypen besser zu verstehen und nachhaltige Waldmanagementstrategien zu entwickeln, die den veränderten klimatischen Bedingungen gerecht werden.